Die Kehrtwende “Empowerment” fokussiert einen gesellschaftlichen Umschwung im Bereich Altern und Renten, sowie Gendergerechtigkeit und Bildung. Im Sinne eines globalen “Giant Leap” müssen sowohl sichtbare als auch unsichtbare Barrieren abgebaut werden. 

Darüber sprechen wir in der nächsten 🔗Veranstaltung des Earth4All Projektes am 17.5.2024.

Besonders auffällig ist hierbei das schlichte Fehlen von Frauen in Führungs- und Entscheidungspositionen, national wie international. Diese Lücke ist nicht nur in der Politik sichtbar, sondern quer durch alle Wirtschaftssektoren. Doch dieser Umstand ist fatal. 

Es fehlen notwendige Perspektiven und Erfahrungen, die für robuste und zukunftsorientierte Entscheidungsprozesse dringend notwendig sind. Um den Arbeitsmarkt inklusiver und gerechter zu gestalten, und dadurch eine Wirtschaft zu ermöglichen, die auf komplexe Krisen Antworten findet, braucht es als zentralen Hebel ein reformiertes Bildungssystem. 

Quotenregelungen als Einstieg

Nur durch die Implementierung gezielter Politiken zur Sicherstellung von Chancengleichheit, und die aktive Arbeit an der Veränderung gesellschaftlicher Einstellungen und Werte kann nachhaltiger Wandel stattfinden. Dazu gehören auch Gesetze, die eine Mindestquote an Frauen in Führungspositionen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor vorschreiben. Solche haben sich in einigen Nationen bereits lange bewährt. Norwegen war in der Vergangenheit ein Vorreiter bei der Verbesserung der Gleichberechtigung der Geschlechter in Unternehmen. Im Jahr 2005 war es das erste europäische Land, das von börsennotierten Unternehmen verlangte, dass in den Vorständen mindestens 40 % Frauen vertreten sein müssen. Auch in Frankreich gilt seit 2011 mit dem sogenannte Copé-Zimmerman-Gesetz diese Quote.

In Österreich gilt für die Privatwirtschaft gilt seit 1. Jänner 2018 das Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat eine Zielvorgabe von 30 Prozent für Frauen in Aufsichtsräten. Das betrifft allerdings nur börsennotierte und große Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Der aktuelle Frauen-Management-Report der Arbeiterkammer Österreich zeigt, dass sich der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der vom GFMA-G betroffenen börsennotierten Unternehmen seit Einführung der Quote zwar deutlich erhöhte, von 22,4 Prozent 2018 auf 36,5 Prozent zu Beginn des Jahres 2024. Aber Aufsichtsratspositionen sind nur ein erster Schritt.

Gesellschaft verändert sich von unten

Es braucht insgesamt mehr Diversität in den Führungsetagen. Dazu gehören LGBTIQ+ Personen, Menschen mit Behinderung sowie Personen mit Migrationshintergrund. 

Strukturell gibt es für viele dieser Menschen einen Mangel an Zugang zu Ressourcen, Netzwerken und Mentoring, die oft als Zugangspunkte zu Führungsrollen dienen. Zusätzlich untergraben tief verwurzelte konservative Normen und anhaltende Geschlechterstereotype das Potenzial vieler Menschen bereits im Kinder- und Jugendalter. 

Lehrkräfte und Bildungspolitiken, die Gleichberechtigung und Diversität im Denken und Handeln unterstützen, beeinflussen die Art und Weise, wie Geschlechterrollen innerhalb der gesamten Gesellschaft wahrgenommen und bewertet werden. Schulen und Universitäten, die aktive Maßnahmen gegen Diskriminierung ergreifen und Vielfalt fördern, leisten einen Beitrag zur Gestaltung einer gerechteren Gesellschaft.

Bildungsreformen sind überfällig
Bildung ist ein mächtiges Werkzeug, das sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene transformative Auswirkungen haben kann. Bildungseinrichtungen sind Orte, an denen gesellschaftliche Normen geformt und neu verhandelt werden können. Die strukturierte Schule als Institution ermöglicht etwas besonders wertvolles: Soziale Mobilität. Mit sozialer Mobilität geht für viele die Möglichkeit für ein besseres Leben einher: Neue Perspektiven im Denken und Einkommen.

Doch dafür sind dringend umfassende Bildungsreformen erforderlich. Ein Land wie Österreich kann es sich eigentlich nicht erlauben, ein Bildungssystem beizubehalten, das Schülerinnen und Schülern nicht von Beginn an die notwendige Eigenverantwortung und Selbstorganisation vermittelt. Personen, die direkt nach der Schule ein Studium aufnehmen oder ins Berufsleben starten, finden sich oft unvorbereitet, weil sie während ihrer Schulzeit nicht gelernt haben, ihre eigenen Potentiale zu erkennen und zu entwickeln. Wer stets auf Durchschnitt getrimmt wird, anstatt dazu angehalten seine individuellen Stärken auszubauen, wird später kaum Spitzenforschung betreiben oder erfolgreiche Unternehmen gründen.

Im Sinne eines reformierten Schulsystems in Österreich gäbe es genügend Ideen: Frontalunterricht und starre Stundenpläne sollen endgültig abgeschafft werden. In einer Gesamtschule wird es weiterhin verpflichtende Grundlagen in Deutsch, Englisch, Mathematik und Demokratiebildung geben – von der ersten Schulstufe bis zum Pflichtschulabschluss. Die Abschaffung der klassischen Schulfächer in der Oberstufe durch die Einführung von Kursen, Projektarbeiten und Vertiefungsmodule nach Vorbild Finnlands würde aber endlich Talente und Interessen fördern. Eine stärkere Verschränkung von praxisbezogenem Wissen mit Allgemeinbildung und die Neueinführung von Kursen in den Bereichen Demokratiebildung, Sozialwissenschaften und Wirtschaft ermöglicht einen reibungsloseren Übergang ins Arbeitsleben oder an die Universität. 

Bildungswege dürfen niemals zu Sackgassen werden. Schulsysteme sollten darauf ausgerichtet sein, Ungleichheiten zu reduzieren. Es ist entscheidend, Zugang zu Bildung für Menschen aus allen Bevölkerungsschichten zu erweitern und zu verbessern, unabhängig der sozioökonomischen Herkunft oder bisherigen Bildungswegen. Dafür braucht es die richtigen Rahmenbedingungen, die in hohem Maße mit den vier Kehrtwenden Armut, Ernährung, Energie und Ungleichheit zusammenhängen: Ein warmes Mittagessen, grünen Strom, Internetzugang und kostenlose Schulbücher sind eine Basis, die in manchen Ländern der Welt bis heute kaum erfüllt werden können. 

Fortschritt und Entfaltung 

Verbesserte politische Maßnahmen in Verbindung mit kulturellen Verschiebungen und innovativeren Bildungswerkzeugen können den Weg für eine inklusivere Bildungslandschaft ebenen, die für eine reformierte Wirtschaft und Verwaltung, und in Folge zur Bewältigung sozialökonomischer und technologischer Herausforderungen von morgen unerlässlich ist.

Eine Gesellschaft, die in Bildung investiert, investiert in ihre eigene nachhaltige Entwicklung, da gebildete Menschen eher in der Lage sind, zu wirtschaftlichem Wachstum und sozialer Stabilität beizutragen. Ein funktionierendes Bildungssystem ermöglicht nicht nur individuelle Entfaltung und Fortschritt, sondern ist entscheidendes Element bei der Transformation gesellschaftlicher Strukturen hin zu mehr Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit.

(von Sebastian Lang, Club of Rome Fellow, 10. Mai 2024)

Mehr dazu bei unserer Veranstaltung am 17.5.2024:  https://www.clubofrome.at/veranstaltungen/event-17mai2024-kehrtwende3-empowerment/
https://www.clubofrome.at/projekt-earth4all-oesterreich/kehrtwende-empowerment/