13. Dezember 2022, von Karl W. Steininger (Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Universität Graz & Schriftführer des Club of Rome – Austrian Chapter)
Die gegenwärtige Energiekrise ist eine Krise der fossilen Energieträger, mit weitreichenden Wirkungen. Gut gemanagt wird diese die Transition zu erneuerbaren Energien gut befördern.
Der neue World Energy Outlook der International Energy Agency (IEA), aus dem Dr. Fatih Birol am 19.12.2022 in Wien auf unserer Veranstaltung einige Highlights präsentieren wird (Link zur Nachschau), rückt vor allem zu Recht, dass die gegenwärtige globale Energiekrise eine der fossilen Energie ist, und keine der Erneuerbaren. Ganz im Gegenteil – mit einem bereits höheren Anteil an Erneuerbaren wäre die Krise milder ausgefallen. Sie war zunächst sichtbar geworden durch Nachfragezuwächse und Lieferengpässe im Aufschwung nach den Pandemie-Lockdowns, vor allem aber dann deutlich befeuert durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, der insbesondere Europa nun auf andere Märkte als Russland, den zuvor größten fossilen Exporteur, ausweichen lässt.
Weltweite Folgen
Die weltweiten Folgen sind noch dramatischer, als wir das in einem Land wie Österreich auch bereits erfahren: der Report zeigt zum Beispiel auf, dass der Zugang zu elektrischer Energie erstmals seit dessen Messung in absoluten Zahlen rückläufig ist, etwa 75 Millionen Menschen haben diesen wieder verloren. Für noch mehr, 100 Millionen droht die Krise sie in der Nahrungszubereitung wieder auf schmutzige Brennstoffe zu wechseln zu zwingen, mit auch klar negativen Gesundheitsfolgen.
In den Zukunftsszenarien bestätigt der Outlook im Hinblick auf die Erneuerbaren den Wandel in der IEA. Über zwei Jahrzehnte hatte sie jedes Jahr den zukünftigen Ausbau der Photovoltaik auf deutlich zu geringem Niveau vorausgesehen, wurde jeweils von der Realität überholt. Erstmals vor 2 Jahren stand dann die Kernaussage im Zentrum, dass Solarenergie mittlerweile die billigste Stromerzeugung in der Menschheitsgeschichte darstellt.
Die Zukunftsszenarien
In den im aktuellen Outlook gezeichneten drei Szenarien ist somit selbst in jenem, das nur bereits implementierte Politik abbildet, der fossile Anteil erstmals rückläufig, global ab Mitte unseres Jahrzehnts. Dies ist Vorhaben quer über den Globus geschuldet, von den USA (Anti-Inflations-Paket) bis Indien. Aber auch in diesem Szenario hat die fossile Energie zur Mitte des Jahrhunderts immer noch einen Anteil von 60%. Der Umstieg auf ein Szenario bei dem entweder zumindest die jeweiligen nationalen Ziele wirklich eingehalten, oder zudem bis 2050 netto-Null Emissionen an Treibhausgasen erreicht werden, braucht vor allem auch eine deutliche Ausweitung der Finanzierung von Anlagen für Erneuerbare. Während gegenwärtige Politik einen Anstieg dieser Investitionen von aktuell 1,3 Mrd US$ pro Jahr auf 2 Mrd. US$ bis 2030 vorsieht, müsste sie im Netto-Null Szenario der IEA bis dahin auf das Doppelte, 4 Mrd US$, ansteigen.
Ein Nebeneinander von Zurückfahren und Aufbauen
Der Report zeigt vor allem auch auf, wie das Nebeneinander einer zurückfahrenden fossilen Struktur und einem Aufbau der – sich primär aus fluktuierenden Energieträgern speisenden – Erneuerbaren gelingen kann, mit neuen Instrumenten, flexiblen Ansätzen und Mechanismen, die jeweils sicherstellen, dass die verfügbare Kapazität ausreicht die Nachfrage zu bedienen. Energieversorgungsunternehmen (EVUs) werden in diesem Szenario auf besser vernetzte und sich stärker anpassende Konsumenten flexibler reagieren, gestützt auf dafür ausgebaute Infrastruktur und die Chancen der Digitalisierung nutzend. Es fällt auf, wie sehr dafür inklusive, auf die Menschen fokussierte Ansätze im Zentrum stehen, die verwundbaren lokalen Gemeinschaften ermöglicht die Anfangsinvestitionen zu tragen, und an den Vorteilen des neuen flexiblen und sauberen Energiesystems teilzuhaben. Die gegenwärtige Energiekrise zeigt damit nur nochmal deutlicher auf, wie sehr dieser Übergang erforderlich und überfällig ist.