15. Dezember 2021, von Fritz Hinterberger (Vizepräsident des Club of Rome – Austrian Chapter)
Ganz im Zeichen der Klimakonferenz von Glasgow stand die diesjährige Jahrestagung des Austrian Chapter des Club of Rome. 70 Teilnehmer*innen waren aus bekannten Gründen auch 2021 wieder einmal nur online, aber dennoch „live“ dabei. Wir hatten im Vorfeld noch einmal die Hintergründe der Klimakonferenzen hier umrissen.
Hier geht es direkt zum Video: https://youtu.be/HWdc1Ndx3Mw
Ein Resümee
Sigrid Stagl, Professorin am Institut für Ökologische Wirtschaftslehre, Wirtschaftsuniversität Wien, eröffnete die Tagung mit ihrer Key Note (ab 1:35 min), die sie Silke Helfrich, Mitgründerin des deutschsprachigen Commons-Instituts, widmete, die 3 Wochen vor unserer Tagung bei einem Bergunfall ums Leben gekommen war. „Die jüngeren sind von der Erderhitzung besonders betroffen“, sagt Stagl gleich zu Beginn und „kein Land schafft es, soziale und ökologische Grenzen gleichzeitig einzuhalten“.
Kann Österreich in dieser Situation wieder zum Vorreiter werden? Stagl plädiert für einen interdisziplinären Zugang: die Bedürfnisse der Menschen sollten dabei als Ausgangspunkt wissenschaftlicher wie auch politischer Überlegungen sein.
Worum aber ging es in Glasgow eigentlich? Pragmatisch betrachtet, ging es darum, die beiden Elemente, die vor 2 Jahren in Madrid nicht verabschiedet werden konnten, zu beschließen. Das Pariser Regelwerk ist jetzt, 6 Jahre nach dem Erfolg von 2015, komplett. Doch Glasgow war – etwa nach Einschätzung der Scientists for Future – zumindest ein kleiner Schritt nach vorn.
Helmut Hojesky vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation & Technologie, der die österreichischen Beamt:innen in Glasgow anführte, stimmt dem zu: „Wir sind noch lange nicht dort, wo wir eigentlich sein wollen“. Digitale Meetings seien für Verhandlungen nicht gut – endlich wieder ein physisches Meeting, das trotz Covid gut funktioniert habe. Seine Bewertung fasst Hojesky in 5 Worten zusammen: „viel Licht und einige Schatten“ (genaueres dazu ab 19:35 min).
Deutlich kritischer („very diappointing“) wird schon die Co-Präsidentin des internationalen Club of Rome Sandrine Dixson-Decléve in ihrer Videobotschaft: „es ist immer noch viel zu wenig – wir verbrauchen immer noch viel zu viele Erden“ – und hofft auf die nächste Jahr 2022 in Ägypten.
Lebhafte Paneldiskussion
Ähnlich durchwachsen wie die Expert*innen präsentierte sich dann auch das vom Präsidenten des österreichischen Club of Rome Hannes Swoboda moderierte Panel aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft zu den Möglichkeiten nach Glasgow (ab 50 min). Renate Christ, Expertin für Klimawandel und Umweltdienstleistungen, die von 2004 bis 2015 das Sekretariat des internationalen Klimarats IPCC geleitet hat, meinte etwa: „Wenn jetzt Indien und China ein Netto-Null-Ziel gesetzt haben, ist schon sehr viel erreicht“. Katharina Rogenhofer, Mitbegründerin der Fridays for Future Austria und Sprecherin des Klimavolksbegehrens, kritisiert einige der während der Verhandlungen abgeschwächten Formulierungen: Wenn etwa nur eine Reduktion der „ineffizienten“ und nicht aller Subventionen fossiler Brennstoffe angesprochen wird. Da müsse Österreich jetzt seine Hausaufgaben machen.
Der Ökonom Stefan Schleicher, Gründungsmitglied des Austrian Chapter des Club of Rome schöpft Hoffnung aus neuen Narrativen und neue Akteure mit neuer Glaubwürdigkeit, etwa den Finanzsektor oder „hard to abate industries“. Berthold Kren, CEO der LAFARGE Zementwerke GmbH, verwies auf konkrete Schritte seines Unternehmens: „es liegt an uns allen, Bevölkerung, Fridays for Future und auch uns der Industrie – die Regierungen vor uns herzutreiben“, sagt Kren und verweist auf die Plattform CEOs for Future.
Eigentlich wissen wir, was zu tun ist, sagt die Vizepräsidentin des österreichischen Club of Rome Angela Köppl vom Wirtschaftsforschungsinstitut (ab 1 h 55 min). Es gehe darum, die Beschlüsse auf den Boden zu bringen – damit aufzuhören, das falsche zu tun und nennt ein Beispiel: „Angebot und Nachfrage nach grünen Finanzen ist noch nicht deckungsgleich“.
Der Club of Rome wird auch 2022 eine Plattform dafür organisieren, auf der sich Akteure in Österreich für ein gemeinsames Handeln verabreden können.